Fritz, Dessen Sprache du nicht verstehst
Fritz, Dessen Sprache du nicht verstehst
Fritz, Marianne. Dessen Sprache du nicht verstehst. Roman. 1. Aufl. 12 Bände. Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1986. 8°. OPbde. mit OU. Zweite Ausgabe (sog. „Volksausgabe“); die erste Ausgabe drei Bänden (Dünndruck) erschien 1985 in 1000 num. und sign. Exemplaren. – „Eine Rezension sollte nicht beginnen wie eine Eintragung ins Buch der Rekorde. Doch 3392 Seiten Umfang sind ein zu schwer wiegendes Faktum (2,8 Kilogramm), als daß ein Langsamleser wie ich leichthin darüber hinweggehen könnte. Über sieben Millionen Buchstaben zählt dieser Roman, mehr als die »Suche nach der verlorenen Zeit«, die es nach gleich grober Schätzung auf sechs Millionen Buchstaben bringen dürfte. Für das Book of Records sei jedenfalls festgehalten, daß Proust fast zwei Jahrzehnte an seinem Lebenswerk arbeitete, während die 37jährige Österreicherin Marianne Fritz zur Niederschrift ihres dritten Romans gerade mal vier Jahre benötigte. … So gibt’s jetzt also für betuchtere Fritz-Fans und bibliomane Raritäten-Sammler eine einmalige, signierte Vorzugsausgabe in drei Bänden (Auflage: 1000 Exemplare) zum Preis von 450 Mark, im nächsten Jahr folgt die »Volksausgabe« (Hausjargon) in zwölf Bänden, die paarweise alle zwei Monate erscheinen, 20 Mark das Stück, insgesamt also auch immerhin 240 Mark. … Daß ihr Roman einigen Seminarfleiß wert sein könnte, ist nicht ausgeschlossen. Wahrscheinlicher noch, daß sich ein Dechiffrier-Syndikat dieser Prosa annimmt wie des Werks von Arno Schmidt. In der Tat gibt es – jenseits literarischer Wertungen – einige Ähnlichkeiten zwischen Fritz und dem Schmidt. Schon der biographische Vergleich zeigt auffällige Parallelen. Beide Autoren betonen ihre proletarische Herkunft, haben nicht oder kaum (Schmidt einige Semester Astronomie und Mathematik) studiert und sind literarische Autodidakten. Beide kapseln sich eremitenhaft von der Außenwelt ab und verweigern sich dem Kulturbetrieb. Ihre Welt-Erfahrung besteht aus Jugend-Erlebnissen, Lese-Abenteuern und historischen Recherchen. Ihr Leben ist (zwanghaftes?) Schreiben. Marianne Fritz, heißt es, besitzt als einzigen Luxus zwei Kugelkopf-Schreibmaschinen für den Fall, daß eine mal defekt ist. Beide Autoren bewegen sich in selbstgezimmerten Denk- und Theorie-Systemen, deformieren Sprachmaterial zum Zweck der Bewußtmachung und operieren, indem sie die Grenzen herkömmlichen Lesens sprengen, mit einer konsequenten, elitären Überforderung des Publikums. Schmidt gab die Zahl seiner Leser mit der »dritten Wurzel aus P (an), wobei P für Population steht« – in der Bundesrepublik also 392. Bei Marianne Fritz kann man vielleicht noch zwei Prozent hinzuzählen“ (Wolfgang Nagel in seiner Rezension der Erstausgabe im Spiegel). – Sehr gutes Exemplar.
Unser Preis: EUR 80,-- |
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